# MeToo – Aus dem Nähkästchen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
#MeToo – Ein Wort in eigener Sache
Immer wieder werde ich an meine Zeit beim Fernsehen erinnert, wenn von #MeToo die Rede ist. Aber dann denke ich, nein, vergewaltigt hat dich ja keiner. Tatsächlich bin ich kein Vergewaltigungsopfer, aber es gibt ja noch x andere Bereiche außerhalb des körperlichen, wie Männer ihre Überlegenheit ausdrücken können. Oder hoffen wir: konnten, denn es wäre wirklich an der Zeit, dass diese Zeit vorbei ist. #MeToo sollte also um Dimensionen erweitert werden.
Ein Beispiel, weil wir gerade über Dieter Wedel sprechen:
Der große Bellheim – Mein Nein und die Folgen
Frauen als Geliebte und Intrigantin
Als ich von 1992 bis 1997 stellvertretende Programmgeschäftsführerin und Prokuristin der ARTE Deutschland TV GmbH war, war ich auch (und zwar: stimmberechtigtes) Mitglied der Programmkonferenz. Dort stimmten die beteiligten Sendeanstalten und „Glieder“ der ARTE-Familie über die Programme ab, die zur Sendung oder Produktion gelangen sollten – oder eben nicht. Durchaus gab es Nein-Voten. Und ich wollte ein solches für den eingereichten Film des ZDF „Der Große Bellheim“ erreichen. Das war ein Fernsehspielvierteiler von Dieter Wedel, in dem Mario Adorf den großen Bellheim spielte. Dieser setzte seine Macht u.a. für eine viel jüngere Geliebte ein. Mich störte, dass außer vielleicht Leslie Malton, die ja schon immer ziemlich souverän auftrat, keine Frauenrolle mit auch nur irgendeiner Bedeutung besetzt war. Es ging über die vier langen Teile der Serie hauptsächlich um große, oft auch körperlich voluminöse Männer. Es ging um ihre Kämpfe gegen- und miteinander – und um das große Geld. Frauen spielten entweder die Rolle der Geliebten wie Renan Demirkan, oder die der Intrigantin wie Leslie Malton. Ansonsten suhlten sich Kamera und Regie in der Inszenierung der nie enden wollenden Tatkraft und Virilität der Herren.
Wir schrieben das Jahr 1992
Wir schrieben das Jahr 1992, und die Programmkonferenz von Arte war bis auf eine Ausnahme (mich) mit Männern besetzt. Ich artikulierte meine Bedenken und sagte, so sollten heutzutage Frauen nicht mehr dargestellt zu werden. Das Geschrei nach meinem Redebeitrag mit der Bitte der Rückstellung des „Großen Bellheim“ war laut und groß. Es war so groß, dass es bis zum Direktor „Europäische Satellitenprogramme“ des ZDF, Dr. hc. Heinz Ungureit gelangte. Das Gerücht kam ihm also zu Ohren, von diensteifrigen Vasallen von Straßburg nach Mainz getragen. Z.B. von dem späteren und noch amtierenden Redaktionsleiter Kino- und Fernsehfilm der Arte GEIE – und nebenbei Honorarprofessor für Medienwissenschaft an der Uni Konstanz – Dr. Andreas Schreitmüller. (Ämterhäufung wäre ebenfalls ein #MeToo-Thema). Der eigentlich freundliche Heinz Ungureit regte sich über meine ihm zugetragenen Äußerungen auf. Und zwar derartig, dass er mir den Garaus machen wollte. Ich erhielt eine Einladung nach Mainz – denn das Opfer geht zum Schafott, klar. Während unserer mehr als einstündigen Unterredung, die fast durchgängig eine Strafpredigt war, musste Ungureit viele Herzpillen schlucken. Denn er konnte sich über die Unverschämtheit, diesen großen Film so runterzumachen, überhaupt nicht mehr einkriegen.
Er sprach mir jegliche Kompetenz ab
Er sprach mit jegliche Kompetenz ab, Filme zu bewerten. Überhaupt sprach er mir jegliche Kompetenz für meinen Job ab. Und er versprach, er werde das Mögliche dafür tun, dass ich bald entlassen werde. Mit Hinweis auf meine Zeugnisse und bisherigen Leistungen für Arte versuchte ich, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Er aber blieb sich sicher, dass ich die falsche – und eben: Frau – auf dem so wichtigen Posten war. Schließlich war ich die einzige Frau in der deutschen Arte-Hierarchie, die etwas zu sagen hatte. Wehe, wenn sie ihren Mund aufmachte. Übrigens gibt es noch heute keine einzige deutsche Frau in der Programmkonferenz von Arte, geschweige denn in der Hierarchie. Und noch ein Übrigens: Es ging nicht immer nur um Frauenrollen, es ging hauptsächlich um den Einsatz der Gebühren für Arte. Das ist ein anderes Thema. Auch darüber sagte ich oft meine Meinung.
Ruf der Feministin
Dieses erste Ereignis brachte mir den Ruf der Feministin ein. Die Männer hatten dafür immer nur ein abschätziges, hämisches Lachen bereit. Es führte auch dazu, dass mann mir meinen Doktortitel überhäufig an den Kopf warf. Sie wissen schon: Mann betont das „Frau Doktor“ so, dass es wie eine Beschimpfung klingt. Mann kannte dann oft nicht mal mehr meinen Nachnamen, sondern beließ es bei dem fast ausgespuckten Titel.
Sie sind eine sehr kompetente Person
Mann nahm mich mal beiseite. Das war etwas später und wahrscheinlich wieder aufgrund einiger für angepasste Herren aufmüpfig klingende Äußerungen. Nach einem sehr üppigen Bankett setzte mann mich an einen etwas abseitigen Tisch und sprach: „Frau Dr. Landbeck, Sie sind eine sehr kompetente Person. Aber Ihr Job gehört uns, dem Bayerischen Rundfunk.“ Das kam aus dem Mund von Thomas Jansing, der damals in der Intendanz tätig war. Später stieg er zum Unterhaltungschef des BR auf und leitet heute die „Sternstunden“, eine – Ironie des Schicksals – Benefizaktion des BR.
Frauen in Hotelbetten
Auch hörte ich, das war noch etwas später, aus dem Mund des damaligen stv. WDR-Fernsehspielchefs Michael Schmid-Ospach, man könne durchaus „betriebsinterne Kündigungen“ aussprechen.
In ihrer Gesamtheit und schließlich in Gestalt des inzwischen verstorbenen Dr. Klaus Wenger zermürbte mich diese geballte Herrenriege so, dass ich dann selbst kündigte. Nur einer entschuldigte sich bei mir für sein Verhalten: das war Heinz Ungureit.
Übrigens gab es beim ZDF einen wichtigen Mann, der reihenweise Frauen in Hotelbetten zog. Das war ein offenes Geheimnis – wahrscheinlich, indem er sie mit Karrierechancen lockte, denn seine Schönheit kann es nicht gewesen sein. Dr. Walter Konrad, Chef der europäischen Satellitenprogramme beim ZDF, Nachfolger von Dr. Ungureit in dieser Position. Richtig böse konnte der werden – das war kurz vor meiner Kündigung im Jahr 1997 – wenn frau sich weigerte, mit ihm selbiges Bett zu teilen. Richtig böse.
Und noch ein Übrigens
Und noch ein Übrigens: Alle genannten Herren sind bzw. waren Ordensträger: sie erhielten und/oder das Bundesverdienstkreuz, den Ordre des Arts et des Lettres, den Bayerischen Verdienstorden und sicher noch viel mehr Ehrungen.
So sieht das also aus mit #MeToo. Es geht viel weiter, viel tiefer – ich könnte noch viel mehr Episoden erzählen. Aber diese reichen ja vielleicht schon mal, um einen Einblick in die schöne deutsche (Fernseh)Welt zu gewähren. Übrigens wundert mich natürlich nicht, dass der Saarländische Rundfunk die Aussagen von Frauen über „Fehlgriffe“ des Dieter Wedel tief in den Akten verschwinden ließ (siehe die aktuelle ZEIT).
Thomas Neuhauser
Interessante Debatte. Aber da dabei doch ziemlich viel falsch läuft, hier der – wahrscheinlich aussichtslose – Versuch einer Korrektur. Jetzt wird schließlich alles Mögliche in den Metoo-Topf geworfen, was da nicht hingehört. Liebe Hanne, bei der Bellheim-Geschichte war ich dabei und ich kann mich erinnern. Du hast ja Recht, das war hinsichtlich unserer damaligen ARTE-Ansprüche ein ziemlich trivialer und klischeehafter Fernsehfilm. Wobei Mario Adorf schon gut war, und man konnte es durchaus auch so sehen, dass er eben nicht nur eine viril-mächtige Macho-Figur ist sondern letztlich auch eher schwach. Sehr schön auch in diesem Zusammenhang die Rolle des “mächtigen” Bauunternehmers in “Kir Royal”, als der zu Baby Schimmerlos sagt: “Ich scheiß Dich zu mit meinem Geld”. Hab ich damals jedenfalls so gesehen. Aber egal, Fakt ist doch, dass Dein Gespräch mit Herrn Ungureit (der bekanntermaßen cholerisch sein konnte, hab’ ich selbst auch ein paar Mal erlebt), ganz genau so abgelaufen wäre, wenn Du Dich als Mann gegen diese aufwändige ZDF-Produktion ausgesprochen hättest. In meinen 25 ARTE-Jahren habe ich einige Male erlebt, wie Männer antanzen mussten, wegen eines Fehlverhaltens aus Sicht der Hierarchie. Und glaubt jemand im Ernst, das würde anders laufen, wenn mehr Frauen in Spitzenpositionen wären? Es gibt inzwischen einige Frauen in der ARD/ZDF-Hierarchie, die über die Gesellschafterversammlung sehr wohl Einfluss auf ARTE haben, aber da hat sich nichts geändert – wie der wunderbare Aufsatz von Sabine Rollberg im neuen LETTRE zeigt. Hier geht es doch nicht um die Metoo-Problematik, hier geht es um Senderinteressen, Kompetenzen, Geld und letztlich bei Programmentscheidungen auch um Geschmacksfragen – egal ob da Mann oder Frau auf dem Stuhl sitzen.
Und auch Du Hanne warst – durchaus verständlich – in Deiner Rolle als Vorgesetzte bei ARTE Deutschland, keineswegs frei von übertriebenem Ehrgeiz, Machtspielereien und Kontrollwahn. Vielleicht denkst Du ja, Du hättest in dieser Männerwelt so agieren müssen – ein Trugschluss m. E. Etwas mehr Diplomatie und soft skills hätten Dir – und anderen – das Leben leichter gemacht und höchstwahrscheinlich hättest Du sogar mehr erreicht. Da darfst Du im Rückblick ruhig auch ein bisschen selbstkritisch sein. Aber ARTE ist und bleibt trotz allem das beste Fernsehen, das wir in Europa haben, und es war mir ein großes Vergnügen von Anfang an dabei gewesen zu sein. Kurz und gut, es ist halt leider nicht so, dass die (Arbeits-)Welt besser würde, wenn mehr Frauen an der Macht sind – die Erfahrung´spricht jedenfalls bisher nicht dafür. Ob Frau Lagarde, Julia Jäckel, Frau Merkel, Teresa May, Alice Schwarzer, Ulla Berkéwicz, Monika Grütters, Monika Piel, oder wer auch immer, bisher hat es noch keine sehr viel besser gemacht als die gern gescholtenen alten weißen Männer.
Hanne Landbeck
Hallo Thomas, weder in der PK warst du dabei noch bei dem Ungureit-Gespräch; ich kann natürlich nicht bestreiten, dass auch Männer irgendwo antanzen mussten, wenn sie eine unangenehme Meinung vertraten, ich habe auch nicht behauptet, dass Frauen die Welt besser machen – das ist jedoch kein Grund, ihnen nicht die Möglichkeit zu geben (zum Beispiel in den Arte-Hierarchien, zumindest auf deutscher Seite, wo du die Frauen wie Stecknadeln im Heuhaufen suchen musst und sie dann immer noch nicht findest). Außerdem, noody is perfect, ich habe das von mir nie behauptet, obwohl ich es natürlich sehr gerne wäre – ich will nun nicht auf deine persönlichen Unzulänglichkeiten eingehen, die dir sicher das Leben angenehmer gestaltet haben, inklusive täglicher sehr ausführlicher Zeitungslektüre. Dein Nachharken nach all dieser Zeit in dieser Hinsicht spricht für sich selbst. So long, Hanne
Thomas Neuhauser
Du liebe Zeit, wieso denn nachhaken? Mir ging es doch all die Jahre gut, und ich musste mich nie verbiegen.Ich habe doch ausdrücklich Verständnis für Deine damalige Rolle zum Ausdruck gebracht. Schließlich hast Du die alten Zeiten thematisiert, etwas subjektiv, wie ich meine, und ich wollte nur ein paar Korrekturen anbringen. Und auf meine Fakten gehst Du ja überhaupt nicht ein. Aber gut, Selbstkritik ist ein schwieriges Metier. Ich habe Ungureit oft genug in Sitzungen erlebt, mit Jean Rozat, Clément und anderen, da muss ich bei Dir nicht dabei gewesen sein. Wie gesagt, es wäre bei einem Mann alles genau so abgelaufen, wenn er sich so verhalten hätte. Und by the way, vielleicht hätte Dir mehr Zeitungslektüre auch gut getan. Mir hat sie jedenfalls geholfen über viele Jahre von den Film- und Musik-Festivals allseits anerkannte Artikel für die ARTE-Website zu schreiben. Durchaus auch sehr kritische zu ARTE-Programmen (z.B. zu den Buddenbrooks von Breloer). Hat mir niemand übel genommen, vielleicht weil ich es gut begründet gabe. Und zu Klaus Wenger hab ich dazu mal gesagt: Ich fühle mich verpflichtet, die Zeitung zu lesen, schließlich bezahlt mir der Arbeitgeber dieses Arbeitsmittel. Da hat sogar er gelacht, obwohl er ja sonst zum Lachen in den Keller ging. Aber ganz im Ernst: Man sollte die Redakteure wirklich verpflichten, gleich morgens die wichtigsten Feuilletons zu studieren, ich habe so viele unglaublich schlecht informierte Kollegen (bei mir ist die weibliche Form immer mitgedacht), getroffen, was die Film-, Musik-, Theater, Kunst- und Literatur-Landschaft betrifft. Und die Redakteurinnen waren da leider auch nicht besser. Positive Ausnahmen gab und gibt es natürlich.
Also alles gut, wir sind unsere Wege gegangen, und ich finde es übrigens sehr respektabel, was Du heute machst. Vielleicht gibst Du mehr Leuten ein bisschen nachhaltige Lebensfreude und ein gutes Selbstwertgefühl, als es ARTE jemals vermochte.
Alles Gute
Thomas
Hanne Landbeck
Lieber Thomas, sicher ist meine Sicht eine subjektive, deine auch. Was du mit den Fakten meinst, das weiß ich nicht – vielleicht die im Lettre-Artikel von Sabine Rollberg erwähnte Arte-Spezifik? Die habe ich auch in meinem Post erwähnt und mich Arte-lang damit rumgeschlagen, auch entsprechend reagiert (was mir das Leben auch nicht gerade erleichtert hat) und mir ist klar, dass die Frauenfrage nachgeordnet erscheinen kann: für Männer. Ich denke nicht, dass man mit einem Mann an meiner Stelle genauso umgegangen wäre. Aber da kann natürlich jede/r eigener Meinung sein. Von Anfang an hatten es die Frauen schwerer: viele Leute wurden im ungefähr gleichen, also gebähr- oder zeugungsfähigen Alter eingestellt. Die Männer wurden der Reihe nach Väter (manche früher, manche später) – und als ich einmal in der Geschäftsführerrunde vorschlug, eine Art Kindergarten oder Krippe im Haus einzurichten (was damals noch möglich gewesen wäre), damit auch die arbeitenden Frauen Mütter werden können, haben alle (Männer natürlich, war ja keine Frau dabei) schallend gelacht. Damit war das Thema erledigt. Das ist nur ein Punkt der Ungleichheit; und dass sich aber bei Arte in der Hierarchie noch nichts in Richtung paritätischer Besetzung geändert hat, das ist ja fast ein Skandal, den man/frau durchaus benennen darf und der sicher nicht mit der Arte-Spezifik zu tun hat; oder vielleicht doch: Arte als Abschiebehafen? Ob die Frauen dann bessere Hierarchinnen wären als die Männer, das ist überhaupt keine Frage, die wir stellen müssen, das müsste sich ja erst mal erweisen. Fakt ist, dass ich bei dem Gespräch mit Heinz Ungureit nicht als Mann aufgetreten bin, sondern als Frau. Daran können wir gar nichts ändern. Die Metoo-Problematik ist ja (immer noch) vorhanden, auch und obwohl es eine spezielle Arte-Problematik gibt. Dass du mich nun darauf reduzieren willst, ich sei mangelhaft gewesen, mangelhafte soft skills, mangelnde Lektüre etc., das finde ich nachgerade lächerlich: sicher wird mir niemand von den damals Beteiligten vorwerfen, ich sei schlecht informiert gewesen, sicher kann man mir manches Fehlverhalten, manch mangelndes psychologisches Gespür vorwerfen: geschenkt. Und jetzt ist erst mal gut – zumindest für mich. Lassen wir es also gut sein.
Florian v. Stetten
Schade, dass so viel Verbitterung herrscht – auf allen Seiten. Und ebenso verständlich. Aber vielleicht habe ich das auch missverstanden.
Mein Eindruck ist, dass wir im ständigen Beurteilen von Verhalten (so ist Wolfgang, so sind die Frauen in Israel, so sind Männer mit Macht, so sind Tangotänzerinnen, so sind Töchter, so sind Mütter von Töchtern) ganz oft die Sensibilität für die konkrete Begegnung über Bord werfen. Weil es worum geht? Um Macht? Oft. Um ein Spiel? Manchmal. Und dann wieder ums Gewinnen? Meistens. Nur so wenig um das jeweilige Gegenüber. Dabei kann und sollte, je nach Situation, alles möglich sein. Und was in der einen unangebracht, kann in der anderen erfreulich sein. Israelische Frauen entweder als männerjagende Antifeministinnen oder ganz allgemein als Opfer patriarchaler Strukturen zu beschreiben, die sich gar nicht anders verhalten können – beides erscheint mir irgendwie nachvollziehbar und zugleich falsch. Was aber ganz sicher falsch ist, sind die Kategorisierungen, die wir in der Debatte über Männer und Frauen ständig auf den Tisch packen. Was Hanne Landbeck konkret beschreibt: Da sind lauter Angsthasen unterwegs, möchte man meinen, die selbst höchste Qualifikationen einer Frau niedermachen müssen, indem sie sie besonders betonen – “Frau Doktor!” Nur: wie kriegen wir die Angst wieder raus aus dem Spiel, die ja ständig mit Macht übertüncht wird.
Frauen ermächtigen, Mädchen stark machen. Solidarität ermöglichen, Strukturen verändern. Angst nehmen. Werden Männer ohne Macht eigentlich auch übergriffig? Oder redet nur niemand darüber? Mächtige Menschen sind oft die größten Feiglinge. Da ist es eine Überlebensfrage, keine Augenhöhe zuzulassen.
Solange aber auch seriöse Zeitungen darüber diskutieren, wie man z.B. Frauen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern könnte, gibt es noch sehr viel zu tun. Wenn sie irgendwann anfangen, danach zu fragen, wie Eltern Beruf und Familie unter einen Hut bekommen können, kommen wir vielleicht auch in der #metoo Debatte ein Stück weiter. Sie ist die Spitze eines endlich in seiner Gesamtheit abzutragenden Eisbergs. Die gesellschaftlichen Machtverhältnisse bestimmen zutiefst auch unsere konkreten Begenungen. Da müssen wir ran. Hilft nichts. Wer bügelt, ist dann irgendwann hoffentlich völlig unerheblich.
Florian
Hanne Landbeck
Lieber Herr von Stetten, herzlichen Dank für Ihren schönen Kommentar. Auch ich hoffe, dass es irgendwann komplett egal ist, wer bügelt oder die Windeln wechselt. Mit den Angsthasen haben Sie ja sehr recht, aber immerhin haben diese Angsthasen mir auch Angst eingejagt. Durch die Gremien, durch die Macht, die sie ausspielten, durch die Drohungen. Dass das psychologisch erklärbar ist als Angst, die evtl. dahinter steht, weil sie ihre Pfründe und Bünde bedroht sahen (immerhin ist das alles ja lange her und ich habe seither solche Strukturen gemieden), ändert für mich nichts an der Tatsache, dass sich dadurch mein Leben stark verändert hat und mann mich noch nicht mal mehr zu Vorstellungsgesprächen einlud (außer in einem Fall, aber auch da verhinderten wiederum Männerallianzen, dass ich die Stelle erhielt). Der Makel haftet an MIR, nicht an denjenigen, die eigentlich dafür verantwortlich sind. Beschädigt wurde ich, nicht nur psychisch, sondern natürlich auch finanziell – langfristig gesehen allemal. Wie Sie richtig schreiben, “gibt es noch sehr viel zu tun”. Und selbstverständlich werden auch Männer ohne Macht übergriffig, das hören und lesen wir doch täglich in den Zeitungen. Oder doch mit Macht? Wenn sie sich an den gesellschaftlich Schwächeren vergreifen, sie verstümmeln, ihnen verweigern, ihr eigenes Geld zu verdienen. Das passiert doch nicht nur in den arabischen Ländern oder in Indien, man nennt es Femozid – wie viel Angst steckt dahinter? Oder ist es bloße Bruatlität? Wenn die türkischen Mädchen nicht zum Schwimmunterricht gehen dürfen? Wenn die Frauen hinter den Männern laufen und natürlich deren Füße waschen müssen? Das geschieht auch in Deutschland, und das hat mit der Zuwanderung noch nicht mal was zu tun, wird aber durch sie verstärkt. Na ja, ein wirklich weites Feld. Schöne Grüße
Hanne Landbeck
Florian v. Stetten
Liebe Hanne Landbeck,
es täte mir sehr leid, wenn der Eindruck enstanden wäre, ich hätte mit meinem Kommentar Ihre ganz persönliche Geschichete in irgendeiner Form relativiert! Die Angst dieser Macht missbrauchenden Männer zu thematisieren, sollte in keinster Weise die Angst und die konkreten Folgen, die viele Frauen deshalb zu erleiden haben, verkleinern. Ich kann sehr gut nachvollziehen, was das im konkreten Fall für Sie ganz persönlich bedeutet haben muss, der eigenen Existenz beraubt zu werden – und mehr oder weniger ohnmächtig zu sein!
Ich versuche nur herauszufinden – und auch ich habe ja im Alltag damit zu tun, auch wenn ich als Mann viel seltener von Machtmissbrauch betroffen bin – wo Stellschrauben sind, etwas zu verbessern. Und ich sags offen: Ich schwimme, weiß nicht genau, was konkret zu tun wäre, außer Solidarität anzubieten.
DasThema Angst erschien mir ein vielleicht nicht ganz unwesentlicher Baustein, den ich, zugegeben, aus rein subjektiver Beobachtung ins Spiel gebracht habe. Dabei habe ich natürlich auch schon machtissbbräuchliche Frauen erlebt, die anderen jedes berufliche Wasser abgraben und versuchen, einer Persönlichkeit ihre innerste Substanz zu nehmen. Was mir aber vergleichbar erscheint, egal, ob Männer oder Frauen zu Machtmissbrauch greifen – souveräne Persönlichkeiten sind es selten. Es mag sein, dass es den Männern, wie Sie schreiben, auch um Pfründe und Privilegien geht, und sie befürchten, das alles zu verlieren. Mein Eindruck ist aber, dass es viel bedrohlicher ist, wenn jemand durch kluge und nachvollziehbare Einwände (Warum keine wichtigen Frauenrollen in ‘Der große Bellheim’?) vermeintlich die Kompetenz des/der Mächtigen hinterfragt.
Die #metoo Debatte, so jedenfalls mein Eindruck, findet nicht zufällig besonders heftig in kreativen Berufsfeldern statt. Zum einen sind sie meistens noch patriachalisch-hierarchischer strukturiert als andere Bereiche, zum anderen sind Fragen der Kompetenz besonders heikel. Ein künstlerisches Produkt ist am Ende je selten ‘richtig’ oder ‘falsch’. Gleichzeitig normieren ‘die Mächtigen’ Kriterien für ‘richtig’ oder ‘falsch’, die argumentativ selten aufrechtzuerhalten sind. Es sind gewohnheitsmäßige, kulturelle Setzungen, die wiederum Macht stützen. Wozu also Frauenrollen im Bellheim? Brauchen wir nicht, haben wir nie gebraucht! Und jetzt kommen Sie, die ‘Frau Doktor’, und stellen das in Frage! Und auch noch mit guten Argumenten. Damit stellen Sie Kompetenz in Frage und reklamieren sie für sich. Damit sind Sie bedrohlich. Es ist ja nicht so, dass immer die Kompetentesten in Machtpositionen gelangen. Und dafür haben die Betreffenden selbst ja auch ein feines Gespür. Deswegen haben sie fast immer Probleme mit Menschen, die was können und das auch sagen. Und das ist gar nichts Geschlechtspezifisches, Männer haben nur die Gelegenheit, besonders häufig unsouverän und machtmissbräuchlich zu reagieren, weil die Strukturen sie bevorzugen.
Insofern stimme ich Ihrem Bogen zum Femozid ausdrücklich zu: Auch der Mann, dessen Frau fünf Schritte hinter ihm laufen muss, hat ein Kompetenzproblem. Das wird um so deutlicher je schwieriger die Lebensbdingungen sind. In großen Teilen der ärmsten Länder der Welt sind es ja die Frauen, die den Laden zusammenhalten, in der Familie auf dem Feld, auf den Märkten, sie sind kompetent und das ist sichtbar. Das halten viele Männer nur aus, indem sie saufen, Quat kauen und ihre Frauen verhüllen oder hinterhertraben lassen – um es mal salopp zu sagen. Ich bin mir der Pauschalisierung bewusst, die Übertreibung verdeutlicht vielleicht aber, was ich meine. Und dann, da haben Sie auch völlig Recht, kommen die Pfründe ins Spiel. Wer würde sie schon gerne freiwillig hergeben? Und dann gibt es, auch das eine rein subjektive Beobachtung, immer noch sehr wenige Frauen, die sich ihr Stück vom Kuchen auch nehmen, und die wenigen, die es wagen, müssen damit rechnen, abgestraft zu werden! Und zwar von Männern wie von Frauen.
Ich bin mir sicher, dass es Frauen, die sich das nicht gefallen lassen, noch schwerer haben als Männer. Deshalb wehren sich vielleicht auch weniger Frauen. Ich habe immer wieder beobachtet, wie schwer es vielen Frauen fällt, im Konfliktfall an sich und ihre ganz persönliche Würde zu glauben und den Schutz ihrer persönlichen Integrität gegenüber potentiellen MitstreiterInnen auch einzufordern. Um es direkt zu sagen: Das heißt nicht, dass ich die Verantwortung bei den Frauen sehe! Es scheint mir aber so zu sein, dass nach wie vor patriarchale Strukturen dahinter stecken, die Männer wie Frauen immer und immer wieder unhinterfragt weitergeben. Wie oft höre ich auf Spielplätzen Väter und Mütter, die ihrem Sohn, der nicht auf das Klettergerüst will, weil er Angst hat, sagen, ‘stell Dich nicht so an’, oder im besten Fall, ‘Du schaffst das’! Wie oft aber höre ich, ‘Luise, nicht so hoch, pass auf, dass Du nicht runterfällst!’. Und irgendwann treffen der Junge, der sich nie anstellen durfte, und Luise, die inzwischen gefressen hat, dass sie lieber nicht zu hoch klettern soll, in einem beruflichen Kontext aufeinander.
Ich habe eine RedakteurInnen-Runde erlebt, in denen 10 kompetente Frauen ein großes Projekt erarbeitet haben. Dann sollte das Ergebnis vorgestellt werden, der Chef kommt eine halbe Stunde zu spät, keine Erklärung keine Entschuldigung – niemand reagiert darauf. Dann stellen alle nacheinander ihre Ideen vor, lange Papiere waren Wochen vorher dem Chef zugegangen, er hat sie nicht gelesen, und nickt, während die erarbeiteten Inhalte vorgestellt werden, ein. Niemand sagt etwas. Betretenes Weitermachen. Er wacht auf, sagt nur, dass das so alles gar nicht geht, nennt ein paar Eckpunkte, die jetzt umzusetzen sind, flätzt am Tisch, Beine gespreizt, kratzt sich und ist mürrisch. Und geht. Und die Damen trollen sich mit betretenen Gesichtern wieder. 10 gegen einen. Und der eine ist als Oberaffe gekommen und als Oberaffe wieder gegangen. Und auch hier: Nein, diese Frauen sind nicht selber schuld, auf keinen Fall! Aber es fehlt offensichtlich an Möglichkeiten, Machtmissbrauch zu verhindern oder wenigsten einzuschränken, ohne das die Opfer das Gefühl haben müssen, ihre Existenz zu riskieren. Wenn es gelebter Alltag würde, Widerstand zu leisten, ob von Männlein oder Weiblein, gegen jede Form von Machtmissbrauch, von wem auch immer, hätten es Frauen wie Sie, die sich zu Recht ihr Stück vom Kuchen nehmen, ein bisschen leichter. Ich bin ausdrücklich auch für das Recht, sich sein Stück vom Kuchen nicht zu nehmen.
Hoffentlich ist die #metoo Debatte ein winziger weiterer Baustein auf dem Weg zu einer Freiheit in jede Richtung. Und vielleicht muss eine solche Debatte am Anfang ersteinmal die Fronten klar machen, die Täter klar benennen und das Leid der Opfer deutlich anerkennen, bevor man dazu übergeht, gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Danke für Ihren Mut, diesen Affen Ihre Kompetenz entgegen zu halten und Ihre persönliche Geschichte in die Debatte zu werfen!
Hanne Landbeck
Lieber Herr von Stetten,
noch mal herzlichen Dank für die wiederum sehr ausführliche Stellungnahme – aber das Thema zwingt wirklich ja auch dazu, ausführlich und differenziert zu argumentieren. Ich persönlich empfinde jetzt gerade so etwas wie eine späte Befriedigung, dass ich endlich darüber reden kann, dass das gesellschaftliche Klima es zulässt, das zu benennen, was vorher mit “ach, das ist doch nichts” abgetan wurde. Sicher haben Sie recht, dass auch Frauen, die in Machtpositionen sind, diese Positionen missbrauchen können; ich denke auch nicht, dass Frauen die besseren Menschen sind :-). Es sollte einfach besser verteilt sein, so dass auch Frauen eigene Strukturen entwickeln können und sich notfalls solidarisieren – das tun Männer nämlich, sie bekriegen sich zwar, aber sie achten immer darauf, dass der Andere nicht das Gesicht verliert, diese Taktik müssen Frauen erst noch lernen. Und wiederum recht haben Sie damit, dass ich meinen Mund nicht halten kann (konnte) und dadurch in Schwierigkeiten geriet, die vielleicht auch Männer erlebt haben/hätten. Ausgelöst war das halt durch ein Frauenthema. Auch die “kulturellen Setzungen”, die Sie erwähnen, habe ich erlebt und selten für sinnvoll gehalten; z.B. ewig lange Sitzungen, für die unglaublich viel Geld ausgegeben wurde/wird, und die lediglich dazu dienen, die Rollen zu festigen, denn die Ergebnisse stehen entweder schon vorher fest oder werden in Vier-Augen-Gesprächen am Rande festgelegt. Auch das muss frau erst mal begreifen, wenn sie in solchen Zusammenhängen arbeitet und darf wahrscheinlich nicht immer nach dem Sinn fragen, sondern muss manchmal auch akzeptieren, dass es eine Art höfisches Theater ist, das die Rollen und das Machtgefüge bestätigt oder formt. Aber wenn es um Gebührengelder geht, muss manchmal schon erlaubt sein, Dinge zu hinterfragen. Nun ja, auch das ein weites Feld, und während meiner Lebenszeit wird sicher nicht mehr die absolute Harmonie eingeläutet werden. Schade eigentlich. Man hätte so viel Schönes tun können. So wie Sie jetzt den Bogen auch psychologisch weit spannen, ist eh kein Ende der Fahnenstange in Sicht; hoffen wir mal, dass die Notwendigkeiten der Entwicklung unserer Erde die Menschheit dazu zwingen, andere, neue Kulturpraktiken zu entwickeln – und auch im kreativen Gewerbe sich anders aufzustellen. Ich finde, Pro Quote Film und die anderen ProQuote-Initiativen sind ein sehr guter Schritt in die richtige Richtung – auch zeigen die Serien Ku’damm56/59 Frauen ganz neu und anders und machen sie auch mal zu fast ausschließlichen Hauptfiguren. Weiter so, kann ich da nur sagen: Das ist ein guter Weg, der für die Branche(n) sicher sinnvoll ist. Herzliche Grüße
Florian v. Stetten
Liebe Hanne Landbeck!
Ich widerspreche nur in einem: Es ist Land in Sicht. Auch wegen Frauen wie Ihnen!
Herzliche Grüße zurück!
Hanne Landbeck
Lieber Herr von Stetten, das ist ja eine lange Korrespondenz. Merci für das Kompliment. Vorhin habe ich ja komplett vergessen, etwas zu den 10 Frauen zu sagen: also, möglich, dass Feigheit bei Frauen auch anerzogen wird, aber das geht ja gar nicht. Mindestens eine hätte den Mund aufmachen müssen. Dann hätten die anderen vielleicht auch was gesagt. Auf dass so etwas nie wieder vorkommen möge!
Nicole Ehrenberg
Danke Hanne für deine persönliche und differenzierte Schilderung deiner Erlebnisse! Das der BewegungBeine erweiterte Dimension.
Liebe Grüße, Nicole
Florian v. Stetten
Liebe Hanne Landbeck,
meine Wahrnehmung war bei den Redakteurinnen gar nicht so sehr, dass sie zu feige gewesen wären, da den Mund aufzumachen. Sie hatten es eher als ‘normales’ Verhalten akzeptiert, so mein Eindruck. Meine Empörung hat sie eher verwundert. Ich habe eine Zeit am Theater gearbeitet, und da gab es eine Regie-Assitentin, die wurde vom Regisseur immer auf den Oberarm geschlagen, wenn sie was aufschreiben sollte. Ich habe an meinem ersten Arbeitstag bemerkt, dass ihr linker Oberarm (sie saß immer rechts neben dem Regisseur) ganz dick war. Ich hab sie dann auf dem Flur mal darauf angesprochen, und sie zeigte mir stolz eine dicke Polsterung unter Bluse, um die Schläge abzufangen. Ich war wirklich schockiert, dass sie akzeptiert hatte, dass sie jedesmal geschlagen wird. Ich habe ihr das dann gesagt, und sie meinte, der Regisseur meine das ja nicht so, dass sei sein Temperament. Und ja, es stimmte, er meinte es nicht so, es war aber trotzdem menschenverachtend. Ich musste die Kollegin dann einmal in ihrer Funktion vertreten, und bekam auch einen Schlag, als ich etwas notiern sollte. Ich habe – völlig refelxhaft – sofort zurückgeboxt und gesagt: Das machst Du nicht noch einmal! Niemand schlägt mich! Tatsächlich war der Regisseur sehr erschrocken, hat sich immer wieder entschuldigt und betont, dass ihm das selbst gar nicht auffalle. Ich hab keine Ahnung, ob er sein Verhalten grundsätzlich überdacht und verändert hat, aber wiklich betroffen gemacht hat mich die Tatsache, dass eine Atmosphäre zu herrschen scheint, in der so etwas ganz allgemein, und zwar von vielen Männern und Frauen, einfach hingenommen wird. Die SchauspielerInnen auf der Bühne hatten das ja alle schon Jahre lang mitbekommen, nie hat irgendjemand was gesagt. Die Würde des Menschen ist unantastbar, auch im Theater. Das ist niemandem eingefallen. Gleichzeitig beschäftigen sich alle (auch in vielen Redaktionen) mit aufklärerischen, sozial oder gesellschaftlich relevanten Themen, machen Filme und Theaterstücke gegen Unterdrückung, Ungleichheit und Machtmissbrauch.
Ach, es gibt so viele bedenkliche und merkwürdige Erlebnisse, die mich ratlos gemacht haben. Das Einzige, was mir ein Ausweg scheint: Grenzüberschreitungen sofort ansprechen. Aber das ist risikoreich, kann komplett daneben gehen und kostet sehr viel Kraft.
Genug damit, es gibt ja auch ganz großartige Erlebnisse 😉
Hanne Landbeck
Jetzt musste ich aber sehr lachen! Danke dafür – und ja, genug damit. Herzliche Grüße, Hanne Landbeck
Leveke Nieuwenhuis-von Garßen
Inwiefern Frauen ihren Lebenssinn darin finden sich auf Männerfang zu spezialisieren, weil sie -möglicherweise – in einer Gesellschaft leben, die ihnen keinen anderen Broterwerb und/oder Zeitvertreib gönnt, darüber kann ich nicht urteilen.
Auch möchte ich mich nicht auslassen über Männer, die in einer Frau nur Hausfrau oder Hure sehen.
Technisch betrachtet ist unser Leben (unser westeuropäisches Leben) bequem wie nie zuvor. Zudem sind wir durchschnittlich betrachtet so gebildet wie nie zuvor. Bei all dem Fortschritt ist unsere Kommunikation in der Praxis verkorkst und verkümmert. Sie auf dem jetzigen Stand – quasi präverbaler Zeiten – erhalten zu wollen und das “Erotik” nennen, das halte ich gelinde gesagt für einen Witz.
Sinnvoll und wichtig finde ich es, dass die Frauen wie auch die Männer sich austauschen über den Frust des sich in immer absurdere Sphären hinauf steigernden Geschlechterkarussells.
Ich wünsche mir, dass die # MeToo-Bewegung den Wunsch nach einer neuen Kommunikation zwischen den Geschlechtern auslöst und als Ziel ein ethisch ausgewogenes Miteinander anvisiert.
Das mit der Erotik kriegen wir dann auch wieder hin, da bin ich zuversichtlich.
Eva de Voss
liebe Hanne,
danke für deinen umfangreichen Beitrag, der auch Ross und Reiter (wie doppeldeutig hier…) nennt.
Zwar war ich nie in einer Rundfunkanstalt beschäftigt, wohl aber als Werkstudentin in einer Werkzeug- und Maschinengroßhandlung in Münster anno 1968. Dort saß ich an der Schreibmaschine und füllte Bestellformulare für Sägeblätter, Bohrmaschinen etc. aus. Trotz des magischen Datums “1968” war hier von gesellschaftlichem Aufbruch, Emanzipation etc. natürlich nicht die Spur, vielmehr beglückten mich die schmerbäuchigen katholischen Familienväter in grauen Kitteln mit Handgreiflichkeiten jeder Art, schlüpfrigen Bemerkungen und Sprüchen wie “du hast die richtige Arbeitshöhe”.
Was macht man da mit 21 Jahren? Zähne zusammenbeißen und durch – ich brauchte ja das Geld. Meinem Freund, einem Verbindungsstudenten, konnte ich derlei natürlich nicht erzählen und meinen Eltern schon gar nicht.
Zu Wolfgang W (dem ich das beigegebenen Bild nicht so recht abnehme), fällt mir nur der alte Kalauer ein:
“Solange ich zwei gesunde Hände habe, kommt mir keine Frau ins Haus…”
liebe Grüße von Eva
Hanne Landbeck
Liebe Eva, ich glaube, wir haben da alle was zu erzählen. Aber Wolfgang hat ja nicht so unrecht mit seiner Replik: durch die Frauenpower fühlen sich manche Männer dann doch recht unsicher. Und tatsächlich geht ja die Erotik flöten, es gibt englische und französische Journalistinnen, die nach Berlin reisen, um dem Gerücht nachzugehen und sie reisen desillusioniert und in der Meinung bestätigt wieder nachhause.
MAria Unger, Korad-Zirkel-Str. 43, 97769 Bad Brückenau
Ja, liebe Eva! ” Was macht man da mit 21 Jahren?” Wem hätte man es erzählen können?
Es grüßt Dich
Maria (Bilderkurs)
Wolfgang W
… ich bitte euch liebe Frauen, schreibt doch mal wie ihr euch so den idealen Umgang mit Männern vorstellt. Also ich für meinen Teil kann kochen, backen, braten und besser bügeln als die meisten Frauen. Ich kann meinen Haushalt seit “immer” perfekt alleine führen, und bin gezwungenermassen gut in Selbstbefriedigung. Kann mir mal jemand sagen wozu ich ne Frau brauche? Ich arbeite seit 20 Jahren als Coach hauptsächlich mit Schauspielerinnen. Viele könnte man mir verschnürt ins Bett legen und ich würde sie nicht anfassen. Nicht weil ich mich so zurückhalten müsste, sondern weil sie mich null anmachen. Da passiert einfach nix. Die sind super sexy gestylt aber das ist es dann auch schon. Ich habe früh gespürt, dass bei mir dazu mehr gehört als ein “body” und ein bisschen flirten. Die meisten Frauen haben das “gewisse Etwas” eh nicht mehr. Also interessieren sie mich nicht. Was mich zu einem netten, lieben, uninteressanten Mann macht. Total auf Augenhöhe. Mir mir kann man gut über PMS sprechen, und ich kenne alle Beziehungsprobleme und verstehe wie „dusselig“ Männer sind… ich habe zig krasse Frauenrollen gecoacht. Ich kenne also „Frauen“- Rollen. Aber das war’s dann auch.
Zur Not kann ich auch noch n bisschen über Feminismus sprechen weil meine Schwiegermutter, Gott habe sie selig, ja ne bedeutende Koryphäe auf dem Gebiet war und wir Nächtelang über die Berechtigung von Frauen-Buchläden als Freiräume diskutiert haben. Anschließen will man dann wirklich keinen Sex mehr haben. Ich frage mich aber schon warum so extrem viele intelligente, selbstbewusste und selbstständige Frauen solchen Schund wie “50 shades of grey” lesen. Haben wir sanften, gewaltlosen Männer da was verpasst? Oder geht es nur um den Konsens? Ist Gewalt, Demütigung und Erniedrigung OK wenn sie vorher abgesprochen sind ?…
Ich bin echt froh, dass meine Generation zu Ende geht und man heute “breakfast at tiffanys” im Internet downloaden kann. Audrey Hepburn gibt es nicht mehr. Und wenn so ein alter Knilch wie ich charmant zu ihr wäre, müsste ich eh vorsichtig sein angezeigt zu werden…
Also dann viel Spass beim online dating. Hoffentlich macht euer “Date” gerade ne Fasten-Kur zwischen seinem letzen Yoga-retreat und der Schweige-Meditation kommendes Wochenende. Ach ja.. und Ostern ist ja wieder das Tantra-Workshop bei Hilde da kann man sich die Streicheleinheiten holen… Wenn man nicht allzu geruchsempfindlich ist.
Und nur um das klar zu stellen. Ich, Wolfgang, mache Yoga, silent-retreats und habe mir früher überlegt ob Tantra ne Möglichkeit wäre “legal” mal ne fremde Frau anzufassen.
Ich bin dankbar dass es noch ein paar Freiräume gibt. Ich liebe Frauen. Ich liebe die Atmosphäre eines Salons, Flamenco, Tango und Salsa. Ich tanze leidenschaftlich und liebe den Geruch von Parfum und Schweiß. Ich liebe das Rollenspiel. Stellt euch mal Tango vor in dem Mann und Frau das gleiche tanzen .. Ich mag die feuchte Haut am Rücken oder Oberarm nach Drehungen die immer wieder den solaris plexus zusammen bringen wie Magneten die erst richtig anziehen wenn man sich abgestoßen hat. Und ich liebe es meine Tanzpartnerin nach so einem Tanz strahlend und aufgeregt an ihren Tisch zurück zu begleiten wo ihr Partner mit heißen Augen eifersüchtig auf sie wartet um ihr dann bei nächsten Tanz zu beweisen, dass ER der bessere ist. Was für ein Klasse Spiel. Aber eben nur mit klarer Geschlechter Trennung, sonst ist die Spannung raus. Dann ist es Leistungs-sport. Kann ja veilleicht auch Spass machen. ??
Tja, schon blöd wenn man das Alles nicht mehr hat. Dann bleiben halt noch Biodanza und die 5 Rhythmen. Braucht man auch weniger sexy Klamotten und Parfum. Viel Spass. W.
Hanne Landbeck
Lieber Wolfgang, ich glaube, da hast du den Inhalt vollkommen missverstanden. Natürlich gibt es super Männer, aber ich habe über die Hierarchie und manche Männer daraus geschrieben und berichtet, was ich erlebt habe. Das kannst sicher auch nicht Du gutheißen. Die Veränderung muss beide Geschlechter betreffen, Frauen machen ja oft mit bei den Spielchen. Das bedeutet überhaupt nicht, dass Erotik nicht mehr möglich wäre und es hat auch nichts mit Yoga bei Tante Hilda zu tun. Etwas differenziert wäre schon besser. Ich kann ja auch Männer nennen, die nett zu mir waren: Da gab es Herrn Schickling (auch ein Dr.) vom (damals noch) SDR, super intelligent und interessant, da gab es meinen zeitweiligen Chef Gert Opitz, der mir viel geholfen hat … aber auch diese konnten dem Mainstream nicht viel entgegen setzen. Erotik ist auch etwas anderes, als Frauen zwingen zu wollen, mit einem ins Bett zu gehen. Oder? Also! LGHanne
Wolfgang W
… sorry. Mir ist der Gaul durchgegangen. Ich bin seit einiger Zeit in Israel und hier ticken die Uhren gerade in der Beziehung noch ganz anders. Als Mann ist hier meine Rolle völlig in Frage gestellt. Sowohl von den anderen Männer aber vor allem auch von den Frauen. Ein Mann der sich hier nicht sofort “anzüglich” verhält wird erst mal in die Ecke “wahrscheinlich schwul und damit total uninteressant” gestellt. Das ist schon krass. Frauen hier erwarten fast ,dass man als “echter” Mann übergriffig wird. Das “Abwehren” gehört dann schon wieder zum Geschlechter-Spiel. Frauen die das nicht können gelten als schwach und dumm. Sexy zu sein, aufgesprizte Lippen und falsche Titten zu haben gehört einfach zum Überlebenskampf. Nur so kriegst du den Typen der den SUV hat und die Eigentumswohnung in einem der super-teuren Türme in Rishon-Aviv. “Trophy-wife” zu sein ist ein Job. Und wenn man da mal daneben greift oder auf dem Rücksitz der falschen Limosine mit dem falschen Typen landed.. sorry, schon blöd gelaufen. Beiß die Zähne zusammen, duschen, aufstehen und wieder ran an den Feind. Bis der Ehe-vertrag unterschrieben ist. Dann wechselt der Feind. Dann ist es die jüngere Frau, die Konkurrentin, die Nachbarin mit dem “besseren” Ehemann, die Tochter. Ja Töchter sind erst keine Konkurenz mehr ist wenn sie ebenfalls auf die “Jagt” gehen. Und viele Mütter helfen dabei kräftig. Wenn du hier Mütter mit Töchtern auf Wildfang erlebst verlierst du jeden Respekt…
Deshalb war ich etwas polemisch verbittert. Sorry. Wolle
Petra Walter-Moll
“Ich kann kochen, backen, braten… Kann mir mal jemand sagen, wozu ich ne Frau brauche? ” Genau, Wolfgang, wozu braucht man ‘ne Frau, wenn nicht für den Haushalt? Und dann gibt’s da auch noch welche, die Dich nicht anmachen – nahezu unverschämt. Schließlich wäre das ihre Aufgabe, nicht wahr ?! Für`s Tangotanzen sind sie in Ordnung… oh man(n)…! Was bist Du ? Coach??? Für Schauspieler i n n e n ??? Oh ja, die Autorin des Beitrags hat Recht: #MeToo hat noch viel vor!
Nina Gladitz
Sehr geehrter Herr W.,
Sie wollen wissen, wie wir uns den idealen Mann vorstellen? Ich kann nur meine ganz eigene Sicht davon empfehlen. Da wir uns im Jahr 2018 und inmitten der noch längst nicht abgeschlossenen Metoo Debatte befinden, erlaube ich mir einige Antworten auf Ihre Frage:
Das erste, was ich mir wünschen würde wäre, dass Männer wie Sie einfach mal die Klappe halten.
Weder ihre Selbstbeweihräucherung und unzähligen, im Detail weder eleganten noch besonders interessanten und schon deshalb nicht erwähnenswerten Fähigkeiten, tragen in irgendeiner Weise zu einem Thema bei, von dem all zu viele Frauen auf die unterschiedlichste, aber immer zutiefst verstörende Weise betroffen sind.
Ich habe noch keinen ernst zu nehmenden Beitrag eines Mannes in dieser Debatte gelesen, dem man auch nur ansatzweise entnehmen konnte, dass die schreibenden Männer irgendetwas begriffen hätten. So geht es mir auch mit ihrer unseligen Beschreibung. Man könnte fast Angst bekommen, als seien Männer nicht dazu in der Lage, zu fühlen, sich einzufühlen, etwas nachzuempfinden. Eine Begabung die zwar selten zu sein schein, aber durchaus auch von Männern beherrscht wird, wenn auch von nicht all zu vielen, wie es scheint.
Ach bitte, halten Sie doch einfach den Mund. Wir haben die Schnauze derart voll von Eurem ewigen Blick auf Euren eigenen Bauchnabel und dem bisschen, was darunter hängt. (dessen sinnvoller Gebrauch auch zum weiblichen Vergnügen sowieso leider nur von einigen wenigen Spezialisten sogar mit Freude beherrscht wird, wenn ich mir das ale fast 75jährige erlauben darf zu sagen.)
Was Ihre Beobachtungen in Israel anbetrifft, könnten Sie vielleicht gerade dort begreifen, was eine von so dummen wie armseligen Männern dominierte Kultur mit Frauen anstellt, die sich diesen Zwängen scheinbar freiwillig unterwerfen. Es sind Pervertierungen einer Kultur, die nur noch das Haben kennt und alle Wissen vom Sein verdrängt hat. Das ist es, was die Me too Debatte überdeutlich gezeigt hat. Macht haben wollen, auf Teufel komm raus.
Was für einen Mann man sich als Frau wünscht, wollten Sie wissen? Einen der verstanden hat, dass man mit Macht alles haben und zerstören kann. Die Essenz des Lebens ist aber eben nicht das Haben sondern das Sein und das bekommt man weder durch Macht, noch durch perfekt gebügelte Hemden und auch nicht durch die beste Selbstbefriedigung. Man kann es sich nicht kaufen, sondern nur erarbeiten. Meist mühevoll.