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Heute gehen sie auf Heldenreise

Roman schreiben

AutorInnen waren so etwas wie Weise
Heute gehen sie auf Heldenreise

Früher haben wir, zumindest ich und einige, die ich kenne, SchriftstellerInnen mit großen Augen angesehen. Sie sogar verehrt. AutorInnen waren so etwas wie Weise, Menschen, die einem Augen, Herzen und Gedanken öffneten und neue Horizonte zeigten. Die eine Gegenwelt aufzubauen vermochten bzw. die aktuelle  besser zu verstehen lehrten. Und heute? Heute gehen sie auf Heldenreise.

Ach! Zumindest bei der deutschsprachigen Literatur fällt es mir schwer, mich zu freuen, neue Persönlichkeiten schätzen zu lernen – abgesehen von Franziska Hauser (Gewitterschwimmerin), Terézia Mora, der aktuellen Büchner-Preisträgerin, und abgesehen von dem wunderbaren Roman “Quasikristalle” von Eva Menasse.

Auf Marketingaspekte ausgerichtete Verlagsentscheidung

Sicher ist  dieser Umstand auch durch die immer stärker auf Marketingaspekte ausgerichtete Verlagsentscheidung zu erklären. Verlage arbeiten Genre-orientiert (also mit genauen Vorgaben) und haben wie das Fernsehen die Quote im Blick. Richtige Literatur hat es da schwer, denn sie lässt sich kaum “berechnen”.

Die Heldenreise: Schreiben nach Rezept? 

Sicher aber liegt es auch an den vielen, fast schon inflationären Angeboten durch Schreibschulen – um mal ins eigene Nest zu stechen. So wie Malschulen “Malen nach Zahlen” vermitteln, so bieten Schreibschulen “Schreiben nach Rezept”. Allen guten Ratschlägen voran reist der Held, oder auch die Heldin, und sie muss Abenteuer be- und am Ende sehr gut dastehen. Das nennen wir die “Heldenreise” – und es ist in der Tat auch ein Muster für Erzählungen. Hier verleihen wir nur unserem Überdruss am Ausverkauf der Heldenreise Ausdruck.

Das Wort “Heldenreise” wird geraunt, gedroschen und ist inzwischen ganz schwach geworden. Ausgemergelt, leergemolken.

In der Tat aber sind sehr viele Hollywoodfilme und auch Märchen nach diesem Muster aufgebaut, sicher auch viele Romane. Die Formel ist recht einfach und gut nachvollziehbar, das heißt, leicht auf einen Handlungsstrang anzuwenden. Und das ist vielleicht gerade die Krux!

(Das Muster der Heldenreise und eine schnell von mir hingeworfene mögliche Realisierung können Sie im Blogartikel Die Heldenreise – ein Beispiel nachlesen.)

 

Wie ein Schnittmuster

Da die Heldenreise ein Modell ist – wie ein Schnittmuster, um ein Kleid zu nähen – stülpen wir sie schnell einer kurzen Idee über. Wir spülen sie weich mit schönen Menschen und hehren Gedanken (Ihr war nicht so. Nein, ihr war ganz und gar nicht so, ihr war anders.) sowie super Locations (Lofts, Ateliers, englischen Landschaftshäusern etc.). Am Ende wird nicht nur ein Roman draus, sondern auch ein Film. Wahlweise sozialkritisch (für Refugees, die guten Menschen; für Alte, die weisen Menschen; für Autisten, Gehörlose, für die Umwelt und die Tiere …) oder ganz ohne Anliegen (Adelsgeschichten, Liebesgeschichten …) und sehr oft in Gestalt eines Krimis. Allesamt gewürzt sind diese neuen Storys mit “leckeren” kulinarischen Zutaten. Kressesüppchen zum Entrée, Massaman Curry zum Hauptgericht und die Crème brûlée zum Dessert, selbstverständlich selbstgemacht, denn die neuen HeldInnen verstehen sich aufs Savoir-vivre.

Mit der heißen Nadel

Dabei sind die unterschiedlichen Stationen der Heldenreise allzu oft mit der heißen Nadel gestrickt (wie bei meinem Beispiel). Denn “ein Buch schreiben” ist inzwischen eine “Vision”, der wir mit durchgestylter Effizienz effizient begegnen. Uns dabei – koste es, was es wolle – nach dem Rezept richten. Dafür besuchen wir Online-Kurse, in denen uns eine schöne Speakerin mitnimmt auf die eigene Heldenreise: Sei du selbst, ganz du selbst, und werde die Schriftstellerin, die du immer schon sein wolltest.

Etwas fehlt

Das Ergebnis ist eine Fülle an Neuerscheinungen, mit denen ein schaler Geschmack einher geht, dessen man sich nur erwehren kann, indem man die Gerichte nachkocht, die im Buch beschrieben sind – und wahlweise an die schönsten Orte der Welt fährt. Dort allerdings sind auch schon die Anderen angekommen, die selbiges Buch gelesen haben. Kurz: Ich habe oft den Eindruck, dass etwas fehlt.

Gegen den Strich

Die Frage stellt sich doch: was wollen Sie, was wollen die LeserInnen? Ich freue mich immer über Romane, die gegen den Strich gebürstet sind (um Franziska Hauser wieder aufzunehmen), die eine Geschichte entweder formal oder inhaltlich so gestalten, dass Überraschungs- und Erkenntnismomente dabei sind. Die mir Personen nahe bringen, die ich so noch nicht kannte. Und ein Thema haben, das relevant ist, aber nicht primär fernsehtauglich geschrieben ist. Natürlich auch eine Sprache, die poetisches Gespür verrät. Und vor allem: mit Herz, Liebe und Verstand. Mit Liebe meine ich nicht die Jojo-Moyes-Liebe, die uns in Zuckerwasser badet, sondern eine Liebe, sagen wir, wie wir sie mal beim guten alten Heinrich Böll fanden. Oder bei der guten alten Astrid Lindgren. Bei dem guten alten Gabriel Garcia Marquez und bei der guten alten Doris Lessing. Kein Zuckerwasser, kein Honig, sondern Witz, Intelligenz, Frische und die Suche nach einer Wahrheit. Eine Wahrheit, die wir heute so gerne “Authentizität” nennen und uns dafür Tausende von Facebook-Klicks ins Haus holen. Ach je. Bei uns können Sie beides – die Heldenreise als Muster nutzen UND sie gegen den Strich bürsten lernen.

 

Bei uns können Sie unverbindlich einen Online-Kurs 7 Tage lang testen. 

 

 

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