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Stimmen, Stimmen, Stimmen – Eine Kurzgeschichte von Silvio de Zanet

Stimmen, Stimmen, Stimmen – eine Kurzgeschichte von Silvio de Zanet

Für gewöhnlich gestaltet Silvio De Zanet in Zürich Gebrauchsgrafik. Wie ihm die Schreiblust zustossen konnte, hat sich ihm noch nicht ganz erschlossen. Es muss mit dem Online-Kurs Literarisches Schreiben zu tun haben, an den er sich anfangs Jahr bedenkenlos und ein bisschen fahrlässig anmeldete, und der aus ihm Geschichten zutage förderte, über die er jetzt noch rätselt. Er war ja bloss auf der Suche nach einem harmlosen Zeitvertreib gewesen.
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Stimmen, Stimmen, Stimmen 

ist eine Kurzgeschichte, die eben das: Stimmen – im Kopf oder tatsächliche? – inszeniert. Silvio de Zanet versteht es, mit dem Leser/der Leserin zu spielen, auch (vielleicht nicht nur augenzwinkernd) mit dessen/deren Ambitionen auf die Berühmtheit durch das Schreiben. Es ist eine Achterbahnfahrt der Vorstellungskraft, auf die uns der Zürcher Autor hier einlädt, aber er passt schon auch auf, dass uns nur leise schwindlig wird. Das Spiel mit Perspektiven, mit der Wahrheit und der Wirklichkeit, das Zerren und Verzerrte des Erlebens: all das serviert er uns hier vergnüglich – mit einem Hauch von Krimi, einem Hauch von roman noir – und mit ganz viel feiner Ironie. Überzeugen Sie sich selbst. Und seien Sie nicht überrascht: im Schweizerdeutsch gibt es keine “ß”. Viel Vergnügen bei der Lektüre (HL).

Leseprobe (die komplette Kurzgeschichte finden Sie hier)

Während mich der Lift in gefühlter Lichtgeschwindigkeit in den achten Stock hinaufschoss, war die Welt wie ich sie kannte, noch in Ordnung. Das Verlagshaus Dark & Stormy belegte die zwei obersten Stockwerke eines repräsentativen Gebäudes, hoch über einem lärmigen, stark frequentierten Platz. Theron Chronstein, der Verlagsleiter und zugleich Besitzer, hatte den Platz einmal mit einer Schweizer Uhr verglichen, auf dem alles, was sich darüber bewegte, sei es ein Lastwagen oder eine Frau mit Kinderwagen, nur ein Rädchen in einem Getriebe sei, das zu einem grösseren Ganzen gehörte, zu einem uralten, ausgeklügelten Plan. Dass er das so sah, wunderte mich nicht. Seinem durchdringenden Blick entging nichts, kein Buchstabe konnte im Verlag geändert, keine Seite umgeblättert werden, ohne dass er davon Kenntnis gehabt hätte.

Für mich war der Platz einfach ein chaotisches, ja gefährliches Gewusel an Verkehrsteilnehmern, bei dem der einzige Plan, den es allenfalls geben konnte, darin bestand, ihn heil zu überqueren. Wie immer empfing mich Frau Stockhausen, hinter ihrem riesigen, stets aufgeräumten Arbeitstisch und wie immer schäkerte ich mit ihr, was das Zeug hielt. Vom herrlichen Apriltag inspiriert, verglich ich sie heute mit einer zarten Frühlingsblüte. Die zierliche Frau, die wie Theron Chronstein weit über achtzig sein musste, kicherte und entgegnete, dass der Weg in die Hölle mit Heuchelei gepflastert sei.

»Wie ist die Laune von Exzellenz?«, fragte ich lächelnd.

»Ach, Herr Kaiser«, antwortete sie und machte dabei ein betroffenes Gesicht.

Ich warf ihr einen besorgten Blick zu.

»Theron ist heute zuhause geblieben, es ging ihm nicht besonders«, seufzte sie. »Diese Wetterkapriolen machen ihm zu schaffen. Gestern nass und kalt, heute Hitze und für morgen hat Meteo Schweiz den Orkan Olaf angekündigt.«

»Ein Orkan? Hier in Zürich?« Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.

»Werden Sie mal so alt wie wir, dann wird Ihnen das Lachen schon vergehen«, tadelte sie mich scherzhaft.

»Dass Theron alt ist, wissen wir beide«, flüsterte ich verschwörerisch. »Aber Sie … Frau Stockhausen.« Ich mimte Empörung.

»Die Hölle rückt näher, Herr Kaiser«, quietschte sie kokett. Sie holte ein Dossier aus einer Schublade und schob es mir über den Tisch. »Aber Sie sind nicht vergebens gekommen, Theron hatte die Zahlen bereits zusammengestellt. Sie können sich die Unterlagen gerne in Ruhe ansehen, ich lasse Ihnen einen Kaffee bringen. Oder möchten Sie lieber Wasser?«

Ich setzte mich auf das halbrunde Empfangssofa gegenüber ihres Arbeitstisches. Mein letztes Buch, Harte Lügen, hatte der Verlag pünktlich zum Weihnachtsverkauf herausgebracht und nun war ich gespannt, wie die Verkäufe im ersten Quartal gelaufen waren. Ich ging das Dokument durch, und dann noch einmal. Ich war irritiert. Das können unmöglich die richtigen Unterlagen sein, dachte ich, nachdem ich die Verkaufszahlen durchgegangen war, die der Verlag wie üblich nach Ländern gegliedert hatte: bei den meisten Ländern stand in der Spalte Umsatz eine Null. Da war ich anderes gewohnt. Abgesehen vom Buch, das ich vor Harte Lügen verfasst hatte und das sich schlecht verkaufte, konnte ich auf satte Verkaufszahlen zurückblicken.

Ich blickte auf. Frau Stockhausens schwarze Äuglein waren hinter ihrer goldumrandeten Brille auf mich geheftet. »Sie haben sich sicher gefragt, wieso bei den meisten Ländern kein Umsatz verzeichnet ist«, sagte sie. »Das sind all die Länder, die Ihr neues Buch nicht verlegen werden«, erklärte sie mir.

»Was heisst, nicht verlegen werden?«, wollte ich wissen.

»Nehmen wir als Beispiel den japanischen Verlag, der für Harte Lügen keine Lizenz beantragte. Der Grund dafür lag vielleicht an Ihrem vorherigen Buch, das sich, wie Sie ja wissen, schlecht verkauft hat. Kann sein, dass sie nun der Auffassung sind, dass Ihr Name in Japan nicht mehr zieht. Herrn Kobayashi aus Tokio, Sie mögen sich vielleicht von Ihrer letzten Lesereise an ihn erinnern, schien es äusserst peinlich zu sein, uns eine Absage zu erteilen, er lud uns sogar in eines der teuersten Lokale ein, aber letztendlich …«

»Ja gut, Japan«, entgegnete ich, weil ich nicht wusste, was ich sonst sagen sollte. Dabei besass ich in Japan doch die glühendsten Fans. »Und wieso haben Sie in diesen Ländern nicht mit anderen Verlagen verhandelt? Es gibt welche, die sich um mich reissen würden«, brach es aus mir heraus.

»Lesen Sie auch mal Kritiken, Herr Kaiser?« Ein leicht spöttisches Lächeln war auf Ihrem Gesicht erschienen, ein Ausdruck, den ich bei ihr bislang nicht kannte. Bis dahin hatte sie sich mir gegenüber, der ich als Goldesel des Verlags galt, stets äusserst zuvorkommend gezeigt.

Ich wischte ihre Frage mit einer Handbewegung beiseite. Dass Literaturkritiker meine Kriminalromane als Schund abtaten, war ja nun wirklich kein Geheimnis. Viel Feind viel Ehr, redete ich mir stets ein. Allerdings hatte ich kürzlich eine Buchhandlung besucht und eine Buchhändlerin beobachtet, die gerade dabei war, einen Stoss Harte Lügen von einem Büchertisch auf ein Transportwägelchen umzustapeln und sich dabei bei einer Kollegin mit lauter Stimme erkundigte, ob der Kram ins Altpapier sollte oder an den Verlag zurückgehe.

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Schnee – Kurzgeschichte von Peter Müller

Schnee

Eine Kurzgeschichte von Peter Müller

Peter Müller ist in Ost-Berlin geboren, hat Spaß am Schreiben und Sport, hatte lange Zeit angenommen, unkaputtbar zu sein, bis ein Sportunfall die Lüge aufdeckte, und als allein Erziehender überrascht, von der Härte der Nuss und dass man immer nur einen Versuch hat.
Der Autor hat bei schreibwerk berlin Online-Kurse besucht und diese Geschichte im Schreiburlaub in Chania beendet.
(Fotos: Peter Müller)

Schnee ist eine Kurzgeschichte, die das Vater-Sohn-Verhältnis in einen schneereichen Konflikt kleidet. Sie spielt im kanadischen Winter

Eins

Draußen waren Minus 25 Grad Celsius. Harald ließ den Motor laufen, während Mike zum Diner rannte, um Kaffee zu besorgen. Hier ließen alle Leute ihre Autos laufen, selbst beim Tanken. Er war neugierig, was Mike dazu sagen würde.
Mike sagte nichts dazu, als er zurückkehrte. Hielt Harald den Becher hin, kuschelte die Schultern in das Polster der Rückenlehne und schlug die Tür zu.

„Kalt, was? Dein Parka ist ziemlich dünn.“

Mike schob die Mütze tiefer in die Stirn. Die langen, rotblonden Haare fielen ihm auf die Schultern.

„Kanadischer Winter.“

„Und wir mittendrin.“

Mike pustete in seinen Becher. Harald fuhr vom Parkplatz und aus Calgary hinaus. Die Straße war geräumt, gespritzt und glänzte. Am Straßenrand türmte sich ein bröckliges Gemisch aus Schnee und Eis zu einem Wall auf.

„Heute schlafen wir in Banff und morgen sind wir in Revelstoke. Wir haben ein Hotel direkt am Lift.“

Harald blickte hinüber. Mike sah aus dem Seitenfenster, Bart und Haare verdeckten sein Gesicht. Gib ihm Zeit, dachte Harald, wir müssen gemeinsam Zeit verbringen.
Er lächelte die Frontscheibe an, für den Fall, dass Mike zu ihm rüber schaute.

„Ich dachte, am ersten Tag erkunden wir das Gelände, probieren uns ein wenig aus. Und am nächsten Tag fahren wir querfeldein. Revelstoke ist bekannt für seine Unberührtheit, lichten Wälder und ungemachten Pisten. Letzte Woche hat es noch einmal geschneit und es soll wärmer werden.“

„Wann ist dein Geburtstag?“, fragte Mike und fummelte am Radio.

Harald schluckte, fuhr langsamer, sah auf Mikes Hände, lange Finger, die ohne Hast einen Sender suchten.

„Am Mittwoch. Also in vier Tagen.“

Harald erhöhte das Tempo, überholte einen Truck, der braunen Schneeschlamm an die Scheibe spritze.

„In Revelstoke selbst ist nicht so viel los. Aber vielleicht finden wir eine anständige Bar und wir trinken was zusammen?“

„Ah.“ Mike lehnte sich zurück, aus den Lautsprechern krachte Highway to Hell  in den Innenraum. „Gut.“

„Klar“, schrie Harald und dachte, dass es so schlecht nicht anfing.

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Worte als Schlüssel zur Freiheit

“Worte sind der Schlüssel zur Freiheit der Phantasie”: Die transformative Kraft des Schreibens und der Literatur entführt uns in eine Welt voller Kreativität und Imagination.

Die Magie des Geschichtenerzählens

Schreiben ist mehr als nur das Festhalten von Gedanken auf Papier. Es ist die Kunst, Welten zu erschaffen, Charaktere zum Leben zu erwecken und Gefühle in Worte zu fassen. Durch das Geschichtenerzählen können wir uns in die Welt anderer Menschen versetzen, ferne Orte besuchen und uns in faszinierenden Abenteuern verlieren.

Selbstausdruck und Reflexion – Worte als Schlüssel zur Freiheit

Schreiben ist auch ein Weg, sich selbst besser kennenzulernen und Gefühle zu verarbeiten. Die Freiheit, Gedanken und Emotionen aufzuschreiben, ermöglicht es uns, unsere innersten Empfindungen auszudrücken und eine tiefere Verbindung zu unserer eigenen Phantasie herzustellen. Im Online-Kurs Autobiografie – Ein Experiment befassen Sie sich mit Ihrer Biografie und schreiben über Ihr Leben. Wie Annie Ernaux, die Nobelpreisträgerin.

Gemeinschaft und Verbindung

Literatur und Geschichten haben die einzigartige Fähigkeit, Menschen zu verbinden. In Büchern und Geschichten finden wir oft Trost, Inspiration und Gemeinschaft. Die Freiheit, unsere Gedanken und Ideen zu teilen, schafft eine Brücke zwischen den Menschen und eröffnet den Dialog über die menschliche Erfahrung.

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Aline – von Luise Rind

Aline oder das Ende des Sommers

Augen von Luise Rind, die in Köln lebt. Der Text ist im Online-Kurs Literarisches Schreiben entstanden und ein Auszug aus einer längeren Geschichte

Augen
Wir saßen um den runden Gartentisch herum, niemand saß jemandem gegenüber. Zu dritt an einem runden Tisch gab es kein Gegenüber. Jeder starrte ins Leere. Meine Mutter drehte den Kopf zur Seite und blickte auf das benachbarte Backsteinhaus. Ich spürte, dass sie das Schweigen brechen, irgendetwas sagen wollte, dass sie mit den Augen absuchte, welcher Eindruck aus der Umgebung zu Worten geformt werden konnte, welches Geräusch, welche Erkenntnis einen Kommentar verdiente. Nichts war es wert. Nichts war die Anstrengung wert, zu sprechen und nichts von alledem, was gesagt werden konnte, ergab Sinn.

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Literatur und die Kunst des Schreibens

Literatur schreiben oder Fiction Writing – die Kunst des Schreibens

Fiction Writing bedeutet, Literatur zu schreiben. Vielleicht eine Kurzgeschichte oder einen Roman. Sie ERFINDEN eine Geschichte, die nicht wahr ist, aber wahr sein könnte. Literarisches Schreiben ist also kein Journalismus, sondern Ausbeutung des Lebens, der Wirklichkeit. In diese hinein erfinden wir Geschichten, die in ihr passiert sein oder noch passieren könnten. Oder in einer vollständig erfundenen Wirklichkeit, wenn Sie Science-Fiction schreiben.

Schreiben ist dynamisch und abwechslungsreich. Es kann uns in den Flow bringen und uns die Welt um uns herum vergessen lassen. Wir erweitern unseren Horizont, schärfen unsere Sinne und machen uns bereit, die Möglichkeiten einer Geschichte zu erkennen und zu verfolgen. Wir begeben uns also in eine Situation der Offenheit. Dabei können einige wenige Worte genügen, und schon knistert und prickelt es in der Luft. Es wird leidenschaftlich und poetisch oder spannend und geheimnisvoll.

Keine wahren oder unwahren Geschichten

Es gibt keine wahren oder unwahren Geschichten. Wichtig ist, was wir für möglich halten. Selbst die wunderlichsten Geschichten, wie z.B. die Lügengeschichten des Barons von Münchhausen, erscheinen während der Lektüre glaubwürdig. Weil sie in der Welt, die geschildert wird, einen glaubwürdigen Rahmen haben.
Durch das Schreiben schaffen wir eine eigene Welt. Vielleicht eine schönere, vielleicht eine, in der die Helden noch richtige Kämpfer sind und die größten Gefahren meistern. Vielleicht eine, die fantastisch ist wie das Wonderland von Alice, in der die Gesetze der wirklichen Welt nicht gelten. Oder in der man von Planet zu Planet spaziert wie Der Kleine Prinz von Antoine de St. Exupéry.

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Friedel, der Universalreparierer – eine Kurzgeschichte von Jochen Witte

Friedel, der Universalreparierer

Friedel, der Universalreparierer ist im Online-Kurs Literarisches Schreiben entstanden.
Jochen Witte lebt im Ruhrgebiet und arbeitet an seinem ersten Roman

Friedel stand hinter dem Tresen seines neuen Ladens und blickte hinaus auf den Marktplatz. Wenn er später an die Eröffnung zurückdenken würde, dann wollte er sich an dieses Gefühl erinnern: dass etwas Neues beginne, dass alles möglich sei.

Auch die Natur hatte etwas zu feiern. Die kleinen Grasgebiete schmückte sie mit Blumen, die Bäume mit frischem Grün, den Himmel tünchte sie blau und auf die Äste setzte sie Vögel, die vom Frühling zwitscherten.

Gestern, zur offiziellen Eröffnungsfeier, waren alle erschienen, hatten auf seinen Rücken geklopft, an seine Schultern geknufft und ihm Glück gewünscht. Seine Großeltern, die ihm das Geld für die Werkstatt geliehen hatten, seine Mutter, die sich endlich damit abzufinden schien, dass er sein Studium aufgegeben hatte und neugierige Nachbarn, die sich in den letzten Wochen bestimmt gefragt hatten, was für ein eigenartiges Geschäft da eröffnen sollte: Mr. Fixit – Reparaturen aller Art?    

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Die Arbeit am offenen Herz – von Simone Grawe

Die Arbeit am offenen Herzen  

“Herz-“Geschichte von Simone Grawe; entstanden i2005 im Wochenendkurs Kreatives Schreiben in Potsdam an einem einzigen Wochenende .
Aus gegebenem Anlass veröffentlichen wir ihn jetzt hier. Simone Grawe lebte in Bern.
Herz

Sie stellte ihr Auto rechts an den Strassenrand und blieb sitzen. Den Eingang des Verlagshauses hatte sie im Blick. Sie wusste, sie war viel zu früh. Es war ihr recht, noch Zeit zu haben für sich, Zeit zum Nachdenken. Es fing an zu regnen, und die Scheiben beschlugen sich allmählich. Auch das war ihr recht, so war sie geschützt vor Blicken.

Ohne dass sie es beabsichtigte, zog es sie um Jahre zurück. Um viele Jahre. Sie lächelte und schüttelte gleichzeitig den Kopf: Wie ein Wunderkind war sie behandelt worden, sie, Erika Riemann. Schon in der Volksschule fiel sie auf, sie fiel aber auch sich selber auf. Sie konnte  nicht verstehen, dass ihre Klassenkameraden so lange brauchten, um ein paar Verse auswendig zu lernen. Sie konnte deren Langsamkeit kaum ertragen.

Aber auch die Langsamkeit der Lehrer machte ihr Mühe. Sie beklagte sich bitter bei ihrem Vater: „Gibt es nicht noch andere Dinge, die ich lernen kann? Gibt es nicht noch andere Lehrer, die mehr wissen? Ich langweile mich zu Tode in der Schule.“ Der Vater schaute sie verdutzt an, versprach aber, darüber nachzudenken und für zusätzliche Anregungen zu sorgen. Und er hielt Wort. Was er aber auch noch sagte, das fiel ihr jetzt im Auto wieder ein: „Kind, lass dir nicht zu viel anmerken. Bleibe bescheiden.“ Herz

Und sie wiederum hatte diesen Rat beherzigt und nur sich selbst eingestanden, dass sie eben anders war als die anderen. Sie wurde bewundert, neidlos. Für sie war es so in Ordnung.

Sie dachte, es würde immer so weitergehen.

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Des Königs Großneffen – Allerwerteste Informationen

 Beleidigungen des Königs: Dieser Text von Ruth Golding entstand im Kurs Literarisches Schreiben; Schreibanlass aus der Zeitung (fait divers).
Deshalb hier ein Link zur Nachrichtenquelle. (Man fand in Spanien im Allerwertesten einer Jesusstatue Informationen aus dem Leben des 18. Jahrhunderts. )

Des Königs Großneffen – Allerwerteste Informationen

Königs

Ein eisiger Hauch

Joaquín Mínguez, Kaplan in der Kathedrale von Burgos, war äußerst nervös. Man schrieb den dritten Monat des Jahres 1777 und der neue Erzbischof würde in wenigen Wochen zu Ostern in der Diözese eintreffen, um seinen Antrittsbesuch zu absolvieren. Ein höchst konservativer Ruf eilte dem Bischof voraus, es hieß, ein eisiger Hauch aus der finsteren Gruft der Inquisition umhülle ihn und ergreife jeden in seiner Nähe mit Grabeskälte.

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