Die Zeit, die Zeit III: Leben in Zeiten von Corona
Schreiben Sie Ihr Corona-Tagebuch
Die Astrophysiker sagen, vor dem „schwarzen Loch“ (von denen in letzter „Zeit“ sehr viele entdeckt wurden), verlangsame sich die Zeit. Im Loch gibt es keine Zeit. Nach dem Loch aber: die Zukunft.
Unsere Zeit, mit Stunden und Minuten, Sekunden und Nanosekunden, mit Arbeitszeit und Freizeit, mit Kinder- und Elternzeit, mit einem von uns als normal angesehenen Rhythmus, sei eine Illusion.
Sarah Jäger heimst mit “Nach vorn, nach Süden” viel Lob ein
Sarah Jäger heimst mit “Nach vorn, nach Süden” viel Lob ein. Das ist voll verdient! Spannend, witzig, überraschend kommt die Gruppe Jugendlicher mit ihren Sorgen und Freuden daher. Ein Teil davon verlässt seinen angestammten Penny-Hinterhof und begibt sich auf die Suche nach einem gewissen Jo. Diese Suche ist das Leitmotiv der Handlung. Und führt am Ende tatsächlich zu einem Ergebnis. Das hat es in sich, vor allem ein Geheimnis.
Die Autorin hat den Beginn der Online-Kurse bei schreibwerk berlin erst als Teilnehmerin, dann als Trainerin mit begleitet.
Im Jahr 2018 noch stand Franziska Hauser mit “Die Gewitterschwimmerin” auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis. Jetzt ist ihr dritter Roman, Die Glasschwestern, im Eichborn Verlag erschienen.
Anlässlich der Buchpremiere erschien im Berlin-Magazin “Mein/4. Das Stadtmagazin für Berlin” ein Interview mit der Autorin und Mitarbeiterin von schreibwerk berlin, das wir hier stolz gekürzt wiedergeben.
„Kurz und knapp“ ist eine Interview-Serie des Berliner Fotografen Jens Wazel, das Interview ist in „Mein/4-Berlin“, einem Berliner Stadtmagazin erschienen: Wir haben das Interview gekürzt.
Eine Unterhaltung mit Franziska Hauser
Kurz und knapp… wer bist Du?
Ich bin Schriftstellerin und Fotografin. 75 bin ich in Pankow groß geworden, und seitdem 4 U-Bahn-Stationen weitergekommen. Jetzt wohne ich im Prenzlauer Berg. […]
Wann hast Du mit dem Schreiben angefangen?
Mein Vater hat mich, als ich elf Jahre alt war, gefragt, was ich später werden will, hat eine Kamera aufgestellt und ich habe aus vollem Herzen gesagt: Ich will Schriftstellerin werden. Mit 34 habe ich aber erst angefangen. Vielleicht lag es an meiner Legasthenie, dass ich immer dachte, ich darf die Worte nicht benutzen, weil ich sie nicht richtig schreiben konnte. Dann hat mein Ex-Mann gesagt, die Rechtschreibung sei nicht so wichtig und ich habe angefangen.
Und dann?
Ich schreibe jetzt am vierten Roman. Es ist schwer zu sagen, wovon er handelt, weil es meistens ist wie ein Forschungsauftrag. Ich will irgendwas rausfinden und tue das indem ich eine Geschichte darüber schreibe.
Sind es wahre Geschichten?
Der zweite Roman ist biografisch. Er handelt nicht von mir, sondern von meiner Mutter und der ganzen Familie. Es hat sieben Jahre gedauert, daran zu schreiben und als er fertig war, habe ich mich sehr danach gesehnt, mir wieder was ausdenken zu dürfen. Das habe ich jetzt gemacht.
Was habe ich schon zu sagen – oder wie Saskia Luka zu einem Literaturpreis kam
Stellen Sie sich vor: Sie schreiben über Jahre einen Roman, zweifeln an seiner Qualität, an Ihren Einfällen, an Ihrem Durchhaltevermögen, am Sinn des ganzen Unternehmens. Sie machen zwischendurch immer noch andere Dinge: die Kinder, die Wäsche, Theater, Ihren „eigentlichen Beruf“. Da bleibt ja keine Zeit zum Schreiben. Außerdem hat es eh keinen Sinn. Was habe ich schon zu sagen, fragen Sie sich. Und doch kommt dann immer wieder Ihr Schreibteufelchen und springt Sie an, drängt Sie, weiter zu schreiben. Sie knapsen sich die Zeit dafür ab, Sie holen sich Hilfe und Rat, das Manuskript wird immer voluminöser (na gut, im Schneckentempo) – und am Ende drucken Sie dann tatsächlich ein Buch aus. Erst auf Ihrem eigenen Drucker. (Unser Beispiel heißt: Saskia Luka “Tag für Tag”.)
Es ist ein seltsam Ding mit der Freiheit des Schreibens: Viele wollen Romane und Erzählungen schreiben, weil sie sich dadurch frei fühlen und weil das (kreative) Schreiben eine der letzten Bastionen des individuellen Ausdrucks eines Menschen ist. Der nigerianische Autor Peter Kimani formuliert das recht drastisch: “Literatur”, so sagt er, sei “in der heutigen Welt womöglich als einziger Freiraum übrig” geblieben.
Das epische Präteritum kann einen zum (Ver)Zweifeln bringen. Es ist ein spezielles Phänomen der Literatur. Denn da schreiben wir nicht genauso, wie wir im wirklichen Leben erzählen. Meist schreiben AutorInnen im Präteritum, das aber – anders als in der Normalsprache – damit keine Vergangenheit ausdrückt. Sondern im Gegenteil: es simuliert eine Gegenwart. Käte Hamburger legte dieses Phänomen 1957 in „Die Logik der Dichtung“ dar. Es ist an sich ja paradox, dass die Literatur durch eine Vergangenheitsform, das Präteritum, eine Gegenwart imitiert. Darüber gab es natürlich immer wieder Streit. Ich aber schließe mich der Interpretation Käte Hamburgers an. Denn wir lesen die Geschichten, die im Präteritum erzählt sind, so, als würden sie jetzt, gerade eben, stattfinden.
“Keine Zeit, keine Zeit” ruft der Hase bei “Alice im Wunderland”
Die Zeit, die Zeit
Erzählzeit und erzählte Zeit in literarischen Texten: Vom Dehnen und Raffen.
>erErzählzeit
Unser Zeitempfinden ist ein seltsames Ding. Manchmal rast sie, die Zeit. Dann wieder vergeht sie unendlich langsam. Insbesondere Kinder, die auf die großen Ferien, den Weihnachtsmann oder den Vater … warten, wissen, dass die Zeit auch quasi stillstehen kann. Dann wieder gibt es Momente, eben wenn der Papa gekommen ist, das Christkind klingelt, die Ferien schon wieder fast vorbei sind, wo wir sie gerne anhalten würden. Oder gar: sie zurückdrehen wollen. Wenn der erste Kuss zu schnell vorbei war, die erste Liebe vertrocknete, oder: Wenn wir endlich nach langer Suche nach neuen Ideen, Sätzen oder Wendepunkten im Flow, in der Versenkung sind. Die Zeit beschäftigt uns ein Leben lang und immer mal wieder im Leben. Sie begleitet uns durch die Jahreszeiten und natürlich, wenn wir uns beim Altern zuschauen.
so lautet der Titel des zweiten Romans von Ursula Sinemus und das war auch Ursulas Lebensmotto. Sie starb in den frühen Morgenstunden des 02. Mai im Alter von 79 Jahren in Mölln.
Es gibt Begegnungen, die sind ganz besonders. Die von Ursula Sinemus und mir war so. Komisch, schüchtern, auf jeden Fall nachhaltig. Komisch war ich, schüchtern war sie: Ursula – aber nur auf den ersten Blick. Kannte man sie näher, schälte sich eine Draufgängerin heraus: sie war unerschrocken, sie war abenteuerlustig – und immer neugierig. Und sie war bescheiden. Das hatte ich wohl anfangs mit Schüchternheit verwechselt.