Immer wieder werde ich an meine Zeit beim Fernsehen erinnert, wenn von #MeToodie Rede ist. Aber dann denke ich, nein, vergewaltigt hat dich ja keiner. Tatsächlich bin ich kein Vergewaltigungsopfer, aber es gibt ja noch x andere Bereiche außerhalb des körperlichen, wie Männer ihre Überlegenheit ausdrücken können. Oder hoffen wir: konnten, denn es wäre wirklich an der Zeit, dass diese Zeit vorbei ist. #MeToo sollte also um Dimensionen erweitert werden.
Ein Beispiel, weil wir gerade über Dieter Wedel sprechen:
Vielleicht hast du das Jahr mit dem Vorsatz begonnen, (wieder mehr) zu schreiben? Nagen Zweifel an dir, weil du denkst, du bist nun schon zu alt dafür? Aber: Es ist nie zu spät für ein literarisches Debüt, wie die folgenden Beispiele beweisen.
Heute trauern wir mal – nicht nur um Helmut Kohl, sondern um unsere Landschaften (Teil 1). Dann werden wir wieder froh und gehen auf eine Reise (Teil 2), auch mit unserem Themen-Special “Schreib & Reise” (auf Nachfrage)
1. Landschaften
Wir haben gelernt, solche Landschaften wie die hier abgebildete pfälzische als “schön” anzusehen. Die Reben sind auf gleiche Höhe getrimmt, die Abstände zwischen ihnen sind identisch, damit die Erntemaschinen auch gut durchkommen, die Farbigkeit gibt eine Illusion von Harmonie, grün, so grün … und doch ist es eine durch und durch konstruierte und – Monsanto, BASF, Bayer et. al. sei Dank – fast insektenfreie Anordnung einstmals variationsreichen Wachstums mit Bäumen, Wiesen, (blühenden) Blümchen, Wildkräutern und einem bisschen Chaos. Die Wege sind so gerade wie die Gedanken, die sie uns erlauben. Armes Deutschland. Armes Deutschland?
Was wäre wenn ist eine magische Frage, die AutorInnen immer dann weiterbringt, wenn sie scheinbar in einer Sackgasse stecken.
Der Schwung des Beginns
Viele Autor*innen haben eine Idee, beginnen zu schreiben, sie schreiben weiter – und auf Seite 20, 35 oder gar 86 bleiben sie stecken. Der Schwung des Beginns ist futsch, nichts scheint mehr zu passen oder weiter zu führen. So viel Zeit haben Sie auf den Beginn verwendet, so schöne Momente hat das Schreiben Ihnen beschert, und doch … Sie stecken fest.
Zeit also, andere Perspektiven einzunehmen und neue Fragen zu stellen. Oder vielmehr eine bestimmte Frage:
Was wäre, wenn …?
Nehmen wir das Bild des Feststeckens: Ihre Protagonisten sind mit dem Auto in den Schlamm gefahren oder stecken mit dem Karren im Wüstensand fest. Was tun sie? Sie suchen nach Hilfe. Vielleicht gibt es ja andere Autos, die mit starken Männern und Seilen vorbeikommen und sie rausholen aus dem Loch. Problem gelöst. Aber die Geschichte steckt schon wieder im Sand.
Ist Talent die wichtigste Gabe für einen Schriftsteller? Oder vielmehr die Leidenschaft?
Du glaubst, dass Talent die wichtigste Gabe sei, um Autor*in zu werden? Da irrst du! Talentierte, schreibtalentierte Menschen gibt es wie Sand am Meer. Aber diese sind oder werden nicht zwangsläufig auch Schriftsteller. Schriftsteller benötigen zwei Dinge, ohne die sie die Mühen der Täler, die sie durchschreiten werden, nicht überstehen: Leidenschaft und Disziplin.
ein fortlaufend aktualisierter Artikel zu einem wichtigen Thema
Frauen im Literaturbetrieb? Inzwischen schreiben wir das Jahr 2020, gerade hat eine Frau den Literaturnobelpreis erhalten, nämlich Louise Glück aus den USA. Und eine weitere Frau, Annette Weber, hat den Deutschen Buchpreis bekommen: Alles paletti also was die Frauen angeht? Ich frage mich – ganz heimlich: Gibt es einen besonderen Grund, weshalb beide in Versen schreiben? Weil Verse weniger gelesen werden? So wenig wie die Literatur von Frauen? Das stimmt ja nicht, höre ich Sie rufen: Agatha Christie, Joanne K. Rowling, Margaret Mitchell, Marilyn French – tatsächlich stehen ein paar Frauennamen auf der Liste der meistverkauften Romane.
Zirka siebzig Prozent der Teilnehmer*innen an Schreibkursen sind Frauen, mindestens. Lassen Sie mich mal grob (werden) schätzen: Siebzig Prozent der besprochenen Literatur in den einschlägigen Feuilletons ist von Männern geschrieben (wahrscheinlich mehr). Die können es also einfach? Nun, sie denken, sie können es – und die Lektor*innen in den Verlagen denken auch, die Männer können es einfach.
Bei Frauen lassen wir Vorsicht walten
Bei Frauen lassen auch wir Frauen Vorsicht walten, bevor wir eine aus Versehen zu sehr loben. Eine Ausnahme bilden auswärtige Frauen, unbekannte noch dazu, wie z.B. Elena Ferrante. Die wird unisono gelobt (zu Recht, versteht sich). Oder tote Frauen sind auch klasse, wie z.B. – na welche denn? Mir fällt noch nicht mal eine Verblichene ein. Georges Sand, die sich als Mann verkleidete? Sri Hustvedt, die nicht verblichen, dafür aber mit einem weltberühmten Autor verheiratet ist und aussieht wie ein Model, selbst noch mit 60 plus? Also: vermarktbare Frauen. Der Perlentaucher besprach am 1. März 2017 sieben Bücher, davon sechs von Männern geschrieben. Ich denke mal, dass das die Norm ist. Man müsste eine Untersuchung darüber, wissenschaftlich, versteht sich, durchführen. Und käme ganz sicher zum niederschmetternden Ergebnis.
Das Gespür für Schnee entwickelt unser Gespür für Geschichten
Inspiration? Woher kommt die? Wie können unsere alltäglichen Erlebnisse zu Storys werden? Zuerst einmal müssen wir erkennen, dass sie als Inspiration dienen können.
Vielleicht geht es Ihnen wie vielen? Sie wollen etwas schreiben, aber Sie suchen noch nach der Inspiration? Das beste Mittel, dem zu begegnen, ist: nicht suchen, sondern finden. Also los – folgen Sie mir auf den verschlungenen Wegen zur Inspiration: Wir fassen dich schon.
Zum Beispiel: Themen.
Themen liegen auf der Straße
Und wie sieht die Straße heute aus? Weiß! Es liegt ein bisschen Schnee auf der Straße und den Häusern:
Der weiße Belag taucht das Dorf in ein mildes Licht und legt sich sanft wie eine Decke über mögliche Dramen, Sorgen und Nöte. Schnee inspiriert:
Gestorben ist er nun, Leonard Cohen, der Mann mit dem Anzug, der Sänger mit den wenigen Akkorden und der tiefen Stimme. Der Mann, der in seinem Song “Anthem” den Riss in der Wand lobte, durch den das Licht falle. Und der Mensch, der die Melancholie einer Generation ausdrückte, ja inkarnierte. Aber immer machte er sich auch über sich selbst lustig.