Automatisches Schreiben – Beispieltext zum Thema Heimat
Dieses Beispiel für automatisches Schreiben (nach dem “Weiterlesen-Button”) ist ein Text, der aus einer Laune heraus geschrieben wurde. Er soll Ihnen zeigen, dass man aus einem Impuls heraus einfach drauflos schreiben kann. Die Assoziationen, denen die Autorin folgte, kamen “automatisch”.
Automatisches Schreiben
Automatisches Schreiben (auch “freewriting” genannt) ist nämlich genau das: drauflos schreiben. Ohne Angst vor der (eigenen) Zensur oder vor Kritik. Einfach aus Spaß an den eigenen Assoziationen und Ideen, an denen man sich lang hangelt während des Schreibens. Sie können sich ein Thema vornehmen und darüber schreiben. Oder sich drei Worte aus dem Wörterbuch oder der Zeitung holen und diese an den Anfang, in die Mitte und ans Ende Ihres Blattes setzen. Dann füllen Sie den Zwischenraum zwischen dem erstem bis zum zweiten und von da bis zum dritten Wort.
Sie können sich auch in den “Flow” schreiben, wenn Sie aus dem so gewonnenen ersten Text wiederum drei Worte wählen, daraus einen zweiten Text schreiben und so weiter … Sie werden staunen, welche Ideen und Themen, welche ProtagonistInnen und welche Szenen Sie dadurch finden. Lernen können Sie das automatische Schreiben in unserem Online-Kurs Kreatives Schreiben. Sie können ihn gerne eine Woche lang testen:
(Der Text stammt aus dem Jahr 2018)
Liebe Freundinnen und Freunde (FreundInnen, Freund*innen), liebe Bürgerinnen und Bürger (BürgerInnen, Bürger*innen), Wählerinnen und Wähler (etc.) Schreiberinnen und Schreiber (etc.), FastendInnen und Fastender (oh, hab ich das was falsch gemacht?), liebe ChristInnen und MuslimInnen und JüdInnen und BuddhistInnen ….
Sie sehen, der neue Religionsdiskurs, die Genderdebatte und die neuen Medien (die, ja natürlich die) haben manch neues Problem mit sich gebracht, wobei das mit der richtig gegenderten Endung eigentlich harmlos anmutet. Das kann nicht nur literarische Texte, sondern auch Reden ziemlich beschweren. Beschweren ist zwar ein Wort, das man nicht mehr allzu oft hört – dafür aber liest, sieht, hört man ständig Menschen, die sich beschweren. Wahrscheinlich, weil ihr Leben zu schwer ist?
Heimat fremd geworden
Jetzt beschweren sich manche darüber, dass man zu wenig Heimat habe. Dass die Heimat fremd geworden sei oder dass das mit der Heimat ja eigentlich eine Sache für die Rechten sei. Wogegen sich die Linke dann raushalten sollte aus der Debatte – aber was ist eigentlich rechts, was ist eigentlich links? Niemand weiß mehr so recht, außer den Rechten natürlich, den ganz Rechten.
Die wissen noch, wo der Tisch stand, unter den der Sohn seine Füße streckte und vom Vater eins gesteckt bekam, die wissen noch, dass der Brunnen vor dem Tor war, die Kirche im Dorf und die Frauen sich niemals auf den Mann setzen durften. Die wissen jetzt, dass Wasser nur für die Deutschen ist. Ach was sage ich da, das Wasser? Nein, war das nicht die Tafel, die jetzt in Essen das Essen nur noch an Deutsche ausgibt?
Wir haben uns mit Fragen auseinander zu setzen, die uns die Welt fremd vorkommen lässt, also schreien wir nach (neuer?) Heimat. Und meinen damit vielleicht den Winter, der noch richtig Schnee brachte, in dem die Augen der Kindlein leuchteten und nicht die Streubomben, die über die Kriegsgebiete fallen, aus denen täglich wieder viele flüchten müssen. Ach, wie flüchtig ist das Leben, wie flüchtig die Sicherheit, die uns Heimat verhieß, das Wort, das etwas in sich birgt, das es niemals nirgends gab. Wohin sollen wir auch flüchten, wir armen Deutschen, wenn uns das alles zu viel wird und wir immer weniger Sicherheit verspüren?
Erzählgebiete von ARD und ZDF
Ganz einfach, wir fliehen in die Erzählgebiete von ARD und ZDF, in die Sonntagabendfilme, die im schönen Amerika, Cornwall, in Barcelona oder in Afrika spielen, wir sehen unsere großen deutschen Helden helfen – und wem helfen sie? Den armen Schwarzen, vor Ort natürlich, vor Ort, deshalb gehen wir ja dorthin. Merkwürdig an diesen Filmen ist aber schon, dass sie allesamt von Deutschen besetzt sind, nicht von den schlechten Deutschen natürlich, die wir aus dem Geschichtsunterricht kennen, wenn wir sie noch kennen, sondern von den Guten, die helfen, weil sie helfen wollen – und die dafür sorgen, dass die armen Schwarzen, Gelben, Grünen … dort bleiben, wo sie hin gehören. Wohin kämen wir, wenn die auch noch danach fragen würden, was denn ihre Heimat sei?